Die folgenden Berichte stammen aus meinem dreimonatigen Aufenthalt im Senegal im Jahr 2012. Sie erzählen sowohl von meiner Arbeit am Projekt, aber auch oft aus dem Alltag im Kinderhaus.
Für aktuelle Informationen lesen Sie am besten die News oder die jährlich erscheinenden Jahresberichte durch.
Mi. 28.11.2012:
Dies ist mein letzter Bericht aus dem Senegal, denn morgen Abend heisst es für mich hier Abschied nehmen, nach drei prägenden Monaten in denen ich die Möglichkeit hatte dieses Land etwas besser kennen zu lernen. In einem Vierteljahr hat man viel Zeit, Fehler zu machen und sich über allerlei Dinge aufzuregen und trotzdem Blicke ich mit einer grossen Zufriedenheit auf die Zeit hier im Senegal zurück.
Zufrieden bin ich, weil ich glaube, dass mich meine Fehler einiges gelehrt haben und weil ich überzeugt bin, dass ich hier etwas bewirken konnte. Am allerwichtigsten ist aber, dass ich hier eine superschöne Zeit mit unglaublich herzlichen Menschen verbringen durfte und an dieser Stelle möchte ich allen Kindern und den Verantwortlichen im Kinderhaus von ganzem Herzen dafür danken, dass sie mich hier so liebevoll in ihre Familie aufgenommen haben! "Ihr werdet mir sehr fehlen!"
Es war interessant und aufschlussreich, sich mal etwas länger vor Ort mit unserem Projekt auseinanderzusetzen und wir werden schauen, ob und wie wir meine Erkenntnisse in unsere Arbeit einfliessen lassen können.
Anfang nächstes Jahr wird es mindestens einen Vortrag über unser Projekt und meinen Aufenthalt hier im Senegal geben und es würde mich sehr freuen, Sie dort begrüssen zu dürfen. Falls Sie dann keine Zeit haben, oder Vorträge nicht mögen, so dürfen Sie sich sehr gerne auch einfach den Bericht durchlesen, der nächstes Jahr wieder erscheinen wird. :-)
Herzliche Grüsse,
Yanik Sousa
Do. 08.11.2012:
Ende diese Woche werden die Einschreibungen für das Schuljahr 2012/2013 endgültig abgeschlossen sein. Kommende Woche werde ich dann - sobald allfällige Formalitäten mit dem Direktor der Schule geklärt sind - endlich einige der Kinder in der Schule hier in Grand MBour besuchen gehen können. Danach werde ich Ihnen hier dann einen kurzen Überblick über die Einschreibungen geben und von meinen Schulbesuchen berichten.
Liebe Grüsse,
Yanik Sousa
So. 04.11.2012:
Heute stand wieder mal der allsonntägliche Ausflug an den Strand an. Also machte ich mich am Nachmittag mit sechzehn Kindern (zwölf davon aus dem Kinderhaus) im Schlepptau auf den Weg ans Meer. Sie mögen sich jetzt vielleicht denken: "Uii nei! Wie will dänn de uf sächzäh chiinde glichziitig luege?" Solche Gedanken habe ich mir auch schon gemacht und die einzige Antwort die mir darauf einfällt ist folgende: "Das ist Afrika!" Das mag Sie jetzt vielleicht nicht beruhigen, aber hier gibt es nun mal nicht die gleichen Regel(unge)n wie bei uns und die Kinder hier im Kinderhaus wachsen mehr oder weniger wie jedes andere senegalesische Kind auf. Vielleicht mag sich manch einer denken, dass die hier nicht "richtig" auf ihre KInder schauen; ich denke sie schauen einfach anderst!
Der Aufenthalt am Strand hat auf jeden Fall - wie jedes Mal - allen sehr viel Spass bereitet und war wieder ein Highlight der Woche.
Beim Zurückgehen habe ich noch einen angeschwemmten Kugelfisch entdeckt. Das mag Sie jetzt vielleicht nur peripher tangieren, dazu muss ich aber sagen, dass ich als leidenschaftlicher Taucher mich intensiv ... Blödsinn! Aber diese Teiler sind noch recht gross und vermutlich würde es jeden faszinieren, wenn er so einen Fisch zum ersten Mal sieht (warten Sie nur auf Ihre erste Begegnung mit einem Kugelfisch, dann werden Sie bestimmt an mich zurückdenken und sich sagen: "Recht hatte er!")
Die Einschreibungen sind übrigens fast abgeschlossen. Morgen geht es dann nochmals auf den Markt um noch weiteres Schulmaterial zu kaufen und wenn dieses dann verteilt ist, ist die Arbeit an unserem Projekt (zumindest hier im Senegal) für 2012 beendet!
Die verbleibende Zeit möchte ich noch nutzen um einige der Kinder in den Schulen besuchen zu gehen.
Herzliche Grüsse aus MBour,
Yanik Sousa
Do. 25.10.2012:
Hier bereitet sich alles und jeder auf das morgige "grosse Fest" vor: Tabaski wird es hier im französischsprachigen Westfrika genannt, das wichtigste Fest im Islam!
Morgen werden hier unzählige "moutons" geopfert im Gedenken an Ibrahim der vor vielen Jahren als Beweis seiner Gläubigkeit an Allah seinen Sohn opfern sollte. Als Allah seine Bereitschaft sah hielt er ihn auf und gab ihm stattdessen ein Schaf um es anstelle seines Sohnes zu opfern.
Soviel geschichtlicher Hintergrund, wobei diese Geschichte ja den meisten bekannt sein müsste, denn sie kommt auch in der Bibel vor und ich habe sie sogar in der Schule erzählt bekommen.
Im weltlichen Sinn bedeutet dieses Fest, dass ich morgen keinen "Riz au poisson", sondern "Mouton au pomme de terre" essen werde....mmm! Dazu kommt, dass (dank den vielen Schneidern die in den letzten Tagen wohl fast nicht geschlafen haben) morgen alle sehr schöne und neue Kleider (und auch Frisuren) tragen werden.
Ich bin auf jeden Fall gespannt und freue mich auf das "Aïd al-Adha", das islamische Opferfest!
Wünsche euch morgen ein schönes Fest! :-)
Liebe Gruess,
Yanik
Mo. 22.10.2012:
Wenn man mit Menschen in einer Sprache die man selbst nicht wirklich einwandfrei beherrscht über Gott spricht (und dann noch über ihren Gott), sollte man sich immer zweimal überlegen, was man sagen möchte und wie die anderen das gesagte darüber hinaus noch verstehen könnten.
In meinem Fall war das Gespräch mit zwei Kindern aus dem Kinderhaus. Vielleicht sollte ich hier anmerken, dass viele Menschen hier im Senegal wirklich sehr gläubig sind und die Kinder schon früh in den Islam eingeführt werden und dieser hier eine sehr bedeutende Rolle spielt.
Nun, diese beiden Kinder fragten mich also, ob ich Angst vor Gott habe, worauf ich erwiderte: "Nein, das habe ich nicht!" Bereits diese Aussage musste mich vor ihnen wie einen absoluten Blasphemisten aussehen gelassen haben und ihre Reaktion war auch dementsprechend entrüstet.
Wenn diese Aussage, zu der ich nach wie vor stehen kann, nur schon alles gewesen wäre! Aber ich habe das Ganze noch getoppt und ich muss zugeben, dass mir hier wohl etwas das Fingerspitzengefühl gefehlt hat.
Als ich nämlich zurückfragte, warum sie denn Angst vor Gott hätten, meinten sie: "Weil Gott stark ist", worauf ich feststellte ich seie doch auch stark und ... uiiiii ... weiter kam ich nicht, denn die beiden schauten mich entsetzt an und machten die dazugehörigen ungläubigen Geräusche.
Was haben sie sich da wohl gedacht?!
Im Nachhinein muss ich zugeben, dass es schon an Irsinn grenzt, Vergleiche mit etwas anzustellen, dass allmächtig und unfassbar ist. Vor allem, wenn das Vergleichsobjekt man selbst ist!
Fürs Protokoll: Ich glaube nicht, ich sei gleich stark oder mächtig wie Gott und bin darüber hinaus gerne bereit, meinen Standpunkt in einem persönlichen Gespräch zu erläutern, sollte sich bei Ihnen gleiches Unverständniss bezüglich meiner Meinung (die hier aus zeitlichen Gründen nicht weiter ausgeführt ist) äussern wie bei den beiden Jungs.
Von nun an werde ich auf jeden Fall etwas vorsichtiger mit diesem Thema umgehen!
Ganz liebi Grüess us MBour,
Yanik
16.10.2012:

Für mich war gestern etwa Halbzeit hier im Senegal. Deshalb ist eine Zwischenbilanz angesagt. :-) Die Einschreibungen sind letzte Woche gut verlaufen, über fünfzig Kinder sind bereits an mehreren Schulen eingeschrieben! Der Einschreibeprozess ist so eine Mischung aus langweilig und mühsam, wobei immer wieder mal gespickt mit etwas Spannung und interessanten Begegnungen. Einige Kinder können wir aus verschiedenen Gründen dieses Jahr nicht mehr einschreiben; so wird z.B. ein Mädchen, das keine guten Leistungen erbracht hat und bereits ein Jahr wiederholen musste, für die Mithilfe im Haushalt von der Schule genommen.
Vor fünf Tagen ist überraschend die Mutter von Pape mit dem Kleinen im Kinderhaus aufgetaucht. Es ist schwierig zu sagen, wie viel er wirklich sieht, klar ist aber, dass seine Sehfähigkeit stark beeinträchtigt ist. Aber er läuft herum und ist sehr lebendig und es ist interessant zu beobachten, wie er sich seine Wege bahnt. Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen, als Pape am Abend der Ankunft ohne zu zögern und mit einem "tock" Kopf voran gegen eine Wand lief (davor war er zweimal über den Hund gefallen, der beeindruckend ruhig blieb.) Am Morgen nach ihrer Ankunft ging es Pape dann ziemlich schlecht, worauf wir ihn ins Spital brachten. Der Arzt sagte uns, dass Pape Unterernährt sei und so wurde er im Spital aufgepäppelt. Die Kosten für diese Behandlung wurden von uns übernommen. Gestern wurde er entlassen und inzwischen geht es im wieder besser. Ich denke es wäre für ihn am besten, wenn er eine spezielle Betreuung erhalten könnte - mal schauen, was sich da machen lässt.
Heute werden wir noch die Pakete mit dem Schulmaterial für die Kinder vorbereiten und ihnen am Nachmittag geben (wobei sicher nicht alle kommen). Danach ist dann zumindest ein Teil der Kinder zu 100% ready für die Schule. Ende Woche wird dann hoffentlich ein Grossteil der Kinder mit Heften und Stiften für die Schule ausgerüstet sein!
Vili verschwitzti Grüess us MBour,
Yanik Sousa
06.10.2012:

Und wieder ist eine Woche vorbei und die ersten Kinder sind eingeschrieben! Siebzehn Kinder vom ersten "Chindsgi" (moyenne section) bis zur 2ten Klasse (CP). Wenn alles glatt läuft, kann ich euch das senegalesische Schulsystem bald etwas genauer erklären. Aber dazu mehr, wenn es soweit ist. Am Dienstag waren wir im Keidara, einer Landwirtschaftsschule etwa 2 Stunden fahrt von MBour entfernt. Dort haben die zwei grössten Kinder (oder eher Jugendlichen) aus dem Kinderhaus eine zweijährige Ausbildung gemacht. Jetzt folgt dann das dritte Jahr, wo sie ihr eigenes Land bewirtschaften werden (dazu wurde ihnen vom Verein Amis du Sénégal extra Land gekauft). Danach können sie beide als Ausbilder für kommende Studenten im Keidara arbeiten und sich natürlich weiterhin um ihr Land kümmern. Das Bild habe ich im Keidara gemacht. Heute haben wir noch ein Schaf gekauft, da bald das "Tabaski", ein grosses muslimisches Fest, ist. Den jungen Schafherren oder -monsieur haben wir dann im Kofferraum eines schrottreifen Taxis zum Kinderhaus gefahren, wo er morgen geschlachtet wird. Nächste Woche steht übrigens der Grossteil der Einschreibungen und ein Ausflug nach Dakar an und ich freue mich schon, euch davon mehr zu erzählen.
En liebe Gruess us MBour,
Yanik
27.09.2012:

Dieses Bild ist gerade heute während dem Unterricht am Morgen entstanden. Während die "Kleinen" Bilder ausgemalt haben, versuchten die "Grossen" Gegenwörter zu verschiedenen Adjektiven zu finden - in zweierlei Hinsicht eine Suche: Sie mussten nämlich nicht nur gegensätzliche Adjektive finden, sondern erstmal überhaupt die Aufgaben auf dem Bildschirm meines kleinen Laptops ausmachen. Sie lösten beide Herausforderungen gut. Da es meistens etwas dauert, bis dann wirklich alle im Klassenzimmer sind haben wir heute damit begonnen den "Bruder Jakob" einzustudieren. Die Melodie kannten sie bereits vom französischen Pendant "Frère Jacques". Aber dann kommt da ja noch der Text dazu und mit der Aussprache des deutschen Textes hatten die Kinder am Anfang so ihre Schwierigkeiten. Es ging aber nicht lange und auch die Aussprache tönte schon ganz ordentlich, wobei mich gerade die Kleinste am grössten Beeindruckte. Mit dem Kanon klappte es jedoch eindeutig noch nicht. Aber keine Sorge, das wird bestimmt noch, denn wir werden von nun an immer zusammen singen bis alle im Klassenzimmer angekommen sind.
Mit vilne liebe Grüess us MBour (Senegal),
Yanik